KONZEPT

«Liebe Johanna, ich würde dich ohne Zweifel gerne auf eine Reise mitnehmen und schauen, wie Du mit Flöhen und Durchfall, Steppenhitze und slawischer Kälte, mit kauzigen Hotelbesitzern oder mit der Ruhe märchenhafter Landschaften zurechtkommst.»- (T. Stern aus Zürich)





Ein Archiv sammelt und bewahrt eigentlich das, was geschehen ist, was geschrieben, gedacht und aufgezeichnet wurde. Es sucht nach Kategorien, diese Ereignisse zu sortieren und gibt sich Mühe, ein vielschichtiges Abbild von Geschichte zu geben.

Doch was ist mit jenen Ereignissen, die nur fast passiert sind? Die durch Mutlosigkeit oder ein zu langes Zögern schliesslich nicht passiert sind? Was ist mit all den nicht geschriebenen, nicht vergeschickten, nicht beantworteten Briefen, mit all diesen Worten, die immer noch in den Schubladen liegen oder durch die Köpfe der Menschen wandern? Ihre Tragik liegt darin, dass sie nur eine Idee geblieben sind: Die Idee einer Trennung, die Idee einer Beziehung, die Idee eines Selbstmords, die Idee einer Ankunft, usw.

Wir alle tragen solche Ideen in uns. Wer hat nicht schon einmal einen Liebesbrief, einen Hassbrief, politische Gedanken oder eine endgültige Abrechnung verfasst, die dann doch nicht den Weg in die Welt gefunden haben?

Anhand einer Sammlung von ungeschriebenen und nicht verschickten Briefen entstehen ein Archiv und zugleich auch ein Theaterabend, die versuchen, das Ungesagte und die nicht gelebte Zeit einzufangen. Dabei bilden die nicht gesagten Worte den eigentlichen Text des Projekts und kriegen so endlich einen Adressaten.



Am 08. März 2013 wird das erste Archiv der ungeschriebenen und nicht verschickten Briefe im UG des Luzerner Theaters eröffnet; dabei werden die Briefe und ihre Geschichten die Form dafür vorgeben und alle Verfasser werden gemeinsam zu den Autoren dieses Projekts.

Hier eine Vorstellung des Briefe-Projekts im Schweizer Fernsehen: Kulturplatz - 12. Dez 2012